Dienstag, 4. September 2012

Pinocchio fährt Bus - Pinocchio travels by bus

Hier ein erneutes Update zu meinem Post "Busfahren fürs AGH - Bühne für Exklusion": Der Ausschuss für Gesundheit und Soziales im Berliner Abgeordnetenhaus hat gestern beschlossen, das "Pilotprojekt" der BVG bis Januar 2013 weiter zu führen.
Das heißt, die neuen Busse werden nur noch nach Knopfdruck durch den Fahrgast und zusätzlicher Auslösung der Kneeling-Automatik durch den Busfahrer abgesenkt (wie sehr schwer behinderte Menschen den Knopf erreichen können, bleibt weiter ungeklärt).

Gefordert wird vom Abgeordnetenhaus allerdings eine unabhängige Bewertung des Projektes verbunden mit der Auflage, bis dahin keine weiteren Busse mit Bedarfskneeling mehr anzuschaffen. Bis zum Ende des Projekts sind die Busfahrer angewiesen, auf jeden Knopfdruck der Fahrgäste von innen und außen zu reagieren.

Das Ganze war eine einzige Pinocchio-Theatervorstellung der BVG und in der Argumentation haben sie sich selbst mehrmals widersprochen.

Es geht um Geld, konkret um 2 Millionen Euro, die man für weniger Instandsetzungen, Diesel und Ausfälle einsparen könne, wenn Berlin auf das Standardkneeling verzichten würde.

Es geht um Geld. Das war der einzig wahre Satz in diesem Ausschuss. Alle anderen Herleitungen, was die Abschaffung des Kneelingstandards Positives bewirken würde, sind kaum nachvollziehbar, hier einige Beispiele:

* Höhere Instandhaltungskosten entstehen auch z. B. durch die Nutzung einer Klimaanlage, der Dieselverbrauch und die Wartungskosten können gar nicht isoliert - bezogen auf das Kneeling - betrachtet werden.
* Es gibt keinen nachweisbaren Zusammenhang zwischen den Rückenschmerzen der Busfahrer und dem Kneeling.
* Durch das zusätzliche Einschätzen des aktuellen Kneelingbedarfs, verbunden mit dem Ein- und Ausschalten des Kneelings durch den Busfahrer / die Busfahrerin erhöht sich die Arbeitsbelastung der Fahrer, die eigentlich verringert werden sollte.
* Das "Pilotprojekt", von dem mal eben 152 Busse und 415 Doppeldeckerbusse betroffen sind, wäre für alle Fahrgäste transparent. Auf der Webseite der BVG finden sich aber sowohl unter dem Stichwort Kneeling bzw. Bedarfskneeling keine Eintragungen.
* Und schließlich: Der Kneelingknopf für Fahrgäste sei gar nicht speziell für Rollstuhlfahrer oder Gehbehinderte, sondern ein "Komfort-Knopf" für alle Menschen, z.B. für Gäste mit schwerem Gepäck, Kinderwagen, alte Menschen, Kinder. Dann stellt sich ja erst recht die Frage: wieso soll dieser Komfortstandard für so viele Kunden eingestellt werden?

Das Wort Pinocchio (Sie wissen schon, dessen Nase bei jeder Lüge länger wurde) ist übrigens zusammengefügt aus den italienischen Worten für Pinienholz, Dummkopf und Auge - pino, pinco und occhio. und das passt auch zu dem gestrigen Ergebnis:

"Holzauge, sei wachsam", wir bleiben dran, BVG!



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